BERLIN

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OSZ TIEM, BERLIN  (Ingrid Mathews)

Didactical path:

FREEDOM OF THOUGHT AND OPINION:

Subject:    Deutsch,

Gymnasiale Oberstufe, Qualifikationsstufe

 

 

OMAC Lehrerbeitrag aus dem OSZ TIEM in Berlin

 

Schwerpunktthema:     Einschränkung von Meinungsfreiheit,

Wert freier Meinungsäußerung

 

Beschreibung eines Kursschwerpunktes im Fach Deutsch in der 12. Klasse des Beruflichen Gymnasiums

 

Im Fach Deutsch werden im Abitur an allen Schulen der Stadt zentral gestellte Prüfungsaufgaben bearbeitet. Daraus resultiert die Vorgabe von zu behandeln-den Aspekten und Pflichtlektüren.

 

Dabei ist im ersten Halbjahr der 12.Klasse das Oberthema „Leben und Schreiben in Umbrüchen“ zu behandeln. Das Unterthema dazu lautet „Die Zeit des Nationalsozialismus in Sprache und Literatur“, als Pflichtlektüren hat der Grundkurs das Drama „Leben des Galilei“ von Bertolt Brecht und der Leistungs-kurs vom selben Dichter „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ zu lesen.

 

In beiden Werken wird dargestellt, wie in bestimmten historischen Epochen freie Meinungsäußerung begrenzt bzw. das Entstehen von Meinungen manipuliert wird.

Erkennbar ist somit das Bemühen um Aufarbeitung von Vergangenheit, konkret des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte, sowie der Ansatz, zu versuchen aus Fehlern in der Geschichte zu lernen, damit sich diese nicht wiederholen.

 

Im Folgenden soll beschrieben werden, wie der gegenwärtige Leistungskurs mit dem Thema umgeht:

 

Zu Kursbeginn wurde den Schülerinnen und Schülern erläutert, dass es in der Zeit von 1933 bis 1945 drei verschiedene literarische Strömungen bzw. Haltungen von Schriftstellern in Deutschland gab, nämlich

-          Literatur im Geiste des Nationalsozialismus

-          Literatur der Inneren Emigration

-          Literatur im Exil, wozu das zu behandelnde Drama gehört.

 

Schon hier wurde deutlich, dass Zensur und Verfolgung existierten, Schrift-steller ins Ausland flohen und von dort gegen das Unrechtsregime kämpften, während andere in Deutschland blieben, aber ihre Werke nicht veröffentlichen konnten; es daneben aber auch Autoren gab, die die neue Ideologie durch apologetische Texte bedienten.

Zum letzten Punkt haben wir in Gruppen Gedichte analysiert, die zum Thema Kriegsvorbereitung, Verherrlichung des Diktators, Angreifen Andersdenkender geschrieben wurden. Über die darin enthaltene Brutalität, Schwarz-Weiß-Malerei, Verherrlichung Hitlers und anderer NS-Politiker waren die Schüler zum Teil mehr als entsetzt.

 

Über die Biografie Brechts wurde auf die Entstehungsbedingungen des Dramas im finnischen Exil eingegangen, das er verlassen musste, da die deutschen Truppen ein Land nach dem anderen besetzten und er sich daher um ein Visum für Amerika bemühte; in die USA reiste er über Leningrad, Moskau und Wladiwostock mit einem schwedischen Schiff. Eine Erstaufführung des Dramas war jedoch erst 1959 in der ehemaligen DDR im Theater am Schiffbauerdamm möglich. Da Brecht 1953 verstarb wurde die Uraufführung von seinen Schülern realisiert.

 

In satirisch-karikierender Weise zeigt Brecht nicht nur die Lächerlichkeit des Diktators, sondern auch die Blindheit der Menschen, die seinen Aufstieg unter-stützten. Deutlich wird dabei auch, dass dieser Aufstieg durch konservative Kräfte und das Großkapital ermöglicht wurde.

 

Eine Schlüsselszene des Dramas ist die 7.Szene, in der beschrieben wird, wie Hitler von einem Schauspieler beigebracht bekommt, wie er in der Öffentlich-keit auftreten muss. Dabei bezieht sich Brecht auf die Antonius-Rede aus Shakespeares Drama Julius Cäsar“, an der man lernen kann, welche rhetorischen und massenpsychologisch wirksamen Techniken Demagogen einsetzen, um ihre Ziele durchzusetzen. Dies zu erkennen, und damit vereiden zu können, ist der zu erreichende Lerneffekt. Nur der, der erkennt, wie Freiheit eingeschränkt und Denken manipuliert wird, ist davor geschützt, solchen Demagogen zu folgen. Dies unseren Schülern beizubringen, ist die Pflicht, die wir Deutschen aus unserer Geschichte aufgebürdet bekommen haben.

 

Birgit Link-Neumann

Berlin, den 17.09.2009